Es gibt zwei Arten von Übungen, die sich gegenseitig ergänzen und zusammen oder phasenweise abwechselnd geübt werden können.
Die Denk- und Vorstellungsübungen befassen sich mit einem vom Menschen gemachten Gegenstand. Es sollte ein einfacher und wenig interessanter Gegenstand sein, den man gut kennt. Es kommt nicht darauf an, dass dieser Gegenstand konkret irgendwo vorliegt, sondern nur darauf, dass man ein Bild davon hat, wie er aussehen könnte und dass man seine Funktion genau und im Detail versteht. Komplizierte Gegenstände oder technische Geräte sind damit meist schon ausgeschlossen.
Vom Menschen gemachte Gegenstände sind die einzigen Dinge, die wir vollständig in ihrer Funktion durchschauen und verstehen können. Wir kennen die Funktion der Stecknadel, nicht aber die Funktion von Naturgegenständen, etwa eines Tannenzapfens (dass er Samen trägt und damit der Fortpflanzung dient, ist nicht die Funktion in dem hier gemeinten Sinn). Deshalb eignen sich Naturgegenstände nicht für diese Übung.
Eine detaillierte Beschreibung dieser Übungsart findet man z.B. in dem Buch „Bewusstseinsstufen“ , 1976, von Georg Kühlewind in dem Kapitel Konzentration und Kontemplation (zur Vertiefung der Thematik s. die Fortsetzung des Kapitels).
Die zweite Gruppe von Übungen geht von konkreten Sinneswahrnehmungen aus. Es ist naheliegend, dass sich dafür visuelle Wahrnehmungen besonders gut eignen, aber man kann auch mit anderen Sinnesqualitäten üben. In diesen Übungen ist entscheidend, dass man Naturgegenstände als Übungsobjekte verwendet, da es hier keine Trennung von Erscheinung und Funktion wie bei menschengeschaffenen Gegenständen gibt. Der Naturgegenstand spricht sich sozusagen in seiner ganzen stofflichen Erscheinung selbst aus. Das Denken ist hier nie konstitutiv. Es begleitet die Übung eher als verstehende Aufmerksamkeit, die sich in der ersten Phase mehr beschreibend mit dem Gegenstand befasst und in der zweiten Phase ganz dem Gegenstand hingibt und sich von ihm prägen oder „formen“ lässt. Die beiden Gesten der Aufmerksamkeit, die intentionale Ausrichtung von mir zum Gegenstand hin und ihre Umkehrung in eine empfangende Aufmerksamkeit vom Gegenstand zu mir hin sind in dem folgenden Text, der dem Buch „Wege zu einer fühlenden Wahrnehmung“, 1990, entnommen ist, im Kapitel Zentrale Übung beschrieben.